Sonntag, 14. November 2010

Richtige Richter...

14. November 2010
...richten immer richtig

“Ich bin selbst ein deutscher Richter, seit fast 20 Jahren. Ich würde mich nicht noch einmal entscheiden, ein deutscher Richter zu werden. Die deutschen Richter machen mir Angst”, soll Professor Diether Huhn 1982 gesagt haben. Der hat also Schiss in der Büx.

"Führe möglichst keinen Prozeß; der außergerichtliche Vergleich oder das Knobeln erledigt den Streit allemal rascher, billiger und im Zweifel ebenso gerecht wie ein Urteil. Das heißt in allem Ernst: Unter den in der Bundesrepublik obwaltenden Verhältnissen von den Gerichten Gerechtigkeit zu fordern, ist illusionär.” Schreibt der ehemalige Verfassungsrichter Professor Willi Geiger im September 1982 in der "Deutschen Richterzeitung".  1982 muss also einiges los gewesen sein.

Ist heute aber nicht mehr. Heute entscheiden richtige Richter immer richtig. Das sei mit fiktiven und tatsächlichen Beschlüssen bewiesen.

Das Landgericht München entscheidet, dass ein Fahrrad dem Besitzer nicht unverzüglich zurück gegeben werden muss. Wer - wie der Kläger - bereits seit einem Jahr darauf gewartet habe, dass der Dieb endlich gefasst wird, könne bis zur Rückgabe auch auf den Ausgang des Prozesses warten, der in Kürze gegen den Fahrraddieb beginne. Außerdem müsse der Fahrradbesitzer beweisen, dass er zwischenzeitlich das Rad fahren nicht verlernt hat. Habe er das Rad fahren verlernt, sei das Recht auf Rückgabe des Diebesgutes verwirkt.

Klar: Ist reine Fiktion. So würde kein deutsches Gericht entscheiden.

Das Landgericht Hamburg entscheidet, dass eine Veröffentlichung verboten werden muss, weil sich der Richter keine Beweise angeschaut hat, mit denen der Beklagte hätte beweisen können, dass seine Veröffentlichung auf Wahrheit basiert. Da es also keine Beweise gebe, die der Richter kenne, gelte die Veröffentlichung als unwahr.

Klar: Ist wahr. So würden die Pressekammern des Hamburger Landgerichtes immer wieder entscheiden.

Das Landgericht Flensburg entscheidet, dass vom beklagten Unternehmen weder Flüsse noch Bäche verunreinigt worden seien. Schließlich habe der Müll, der von der Firma in Flüssen und Bächen entsorgt worden ist, dem Unternehmen nicht gehört. Was einem nicht gehöre, falle auch nicht unter die Entscheidungsfreiheit einer Firma über den Umgang mit Nichtbesitz.

Klar: So hat das Flensburger Landgericht noch nie entschieden. Aber: Ist jemand sicher, dass ein solches Urteil gänzlich  unmöglich ist? Ich nicht.

Das Oberlandesgericht Hamm entscheidet, dass eine Mutter "kein dringendes Bedürfnis" für eine Rückkehr ihrer Kinder geltend machen könne. Denn: "Die Kinder leben schon seit über einem Jahr bzw. seit einem guten halben Jahr nicht mehr im Haushalt der Kindesmutter."

Klar: Ist wahr, obwohl das mit dem Fahrrad (siehe oben) nicht wahr ist. Hat Professor Willi Geiger also doch Recht? Diese Frage haben die Richter Finke, Uetermeier und Busch am 9. November 2010 mit ihrer Entscheidung über einen Eilantrag einer Mutter aus Münster in den Raum gestellt.

Lust auf die mündliche Verhandlung in gleicher Sache am 23. November 2010 haben diese Richter auch nicht mehr. Deshalb teilen sie der Mutter rein vorsorglich mit, dass sie wieder gegen sie entscheiden werden. Wenn schon die Kinder weg sind, sollte nicht auch noch Geld für eine vergebliche Bahnfahrt von Münster nach Hamm weg sein?

Montag, 8. November 2010

Abmahnwelle

8. November 2010
Abenteuerliche Schadenersatzforderungen

Urheberrechtliche Abmahnungen im Namen von Nachrichtenagenturen mit Schadenersatzforderungen bis zu 200 000 Euro sind für die meisten nur schwer verdaulich. Dazu die Kölner Rechtsanwaltskanzlei Willers Müller-Römer Kunze & Partner in einer Pressemitteilung: "Die Abmahnungen beziehen sich darauf, dass Texte angeblich ohne Zustimmung der Agenturen verwendet werden."

Verdächtig seien diese Abmahnungen nicht nur wegen "abenteuerlicher Kosten für die Recherche und Dokumentation dieser angeblichen Urheberrechtsverletzungen", die Schadensberechnung auf Basis der Vergütungsregeln des Deutschen Journalisten-Verbandes könne zudem nicht nachvollzogen werden.

Die Frage, ob Nachrichten überhaupt urheberrechtlich geschützt sind, lasse sich nicht generell beantworten, weil in jedem Einzelfall nachgeschaut werden müsse, ob ein Text die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht habe. Allerdings gebe es eine klare Tendenz dahin, dass dies bei einfachen Nachrichten(meldungen) nicht der Fall sei. Denn: "Tatsachen, auf denen die Nachrichten basieren, sind natürlich nicht urheberrechtlich geschützt."

Kurze Texte seien nicht urheberrechtlich geschützt. Das habe das Düsseldorfer Landgericht am 25. April 2007 entschieden (Az. 12 O 194/06). Der Fall: Die Beklagte hat aus Meldungen wenige Sätze oder Passagen übernommen, sie gab die Quelle an. Die Richter urteilten: "Bei Nachrichtenmeldungen, die lediglich eine Wiedergabe tatsächlicher Geschehnisse unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten sind, liegt keine eigenschöpferische Gedankengestaltung zu Grunde."

Bereits im Mai 2009 erhielten laut "Frankfurter Rundschau" tausende Personen anwaltliche Abmahnungen von einer Nachrichtenagentur. Folgt nun eine zweite Abmahnwelle?

Vor einer echten Welle sollte man davonlaufen, nicht aber vor einer Abmahnwelle, raten die Kölner Rechtsanwälte. Das fange schon bei einer Unterlassungserklärung an. Die dürfe ohne Einschaltung eines spezialisierten Anwaltes weder unterschrieben noch modifiziert werden.