Montag, 5. Oktober 2020

Aufgelesen 2020

Bedeutungsloser Sittenstrolch

Ein Lehrer betatscht in der hannoverschen Multimedia-BBS  16- bis 18-jährige Schüler und bekommt nach einer Disziplinarklage der Landesschulbehörde keine Pension mehr. Entscheidet jetzt das Verwaltungsgericht. Bis dahin sind vier Jahre vergangen. An die belästigten Schüler zahlte der 67-Jährige 15 000 Euro Schmerzensgeld, die Gefängnisstrafe, die er bekam, wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Blog über Staatsanwaltschaft Hannover, 24. Januar 2020


Fräulein keine Beleidigung

Frankfurt am Main: Eine Mieterin ist mit einer Unterlassungsklage gegen ihre hochbetagten Vermieter gescheitert. Die Klägerin wollte vor dem Amtsgericht in Frankfurt erreichen, von dem Vermieterehepaar nicht mehr als "Fräulein" angesprochen oder angeschrieben zu werden. Sie fühle sich durch die Bezeichnung beleidigt, hieß es zur Begründung. Bei Zuwiderhandlung sollte ein Ordnungsgeld von 1.500 Euro fällig werden. Die Richter stuften die Bezeichnung "Fräulein" nicht als Beleidigung ein. Zwar sei der Begriff 1972 aus öffentlichen Registern gestrichen worden, doch eine juristisch feststellbare Ehrverletzung liege nicht vor. Zudem seien die Vermieter hochbetagte Menschen, die einen anderen Wortschatz pflegten.

Quelle: Bayern 2 Nachrichten, 05.10.2020 12:00 Uhr

Montag, 27. Juli 2020

Recht auf Vergessen

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Für Bundesgerichtshof keine klare Sache

Ein ehemaliger Geschäftsführer eines Regionalverbandes und ein Paar, das Anlagemodelle anbietet, wollen von google endlich vergessen werden. Bei der Suche sollen negative Berichte nicht mehr angezeigt werden. Werden sie aber weiterhin. Denn der Bundesgerichtshof hat heute eine Klage zurückgewiesen und die Entscheidung über eine zweite Klage ausgesetzt. 

Im Verfahren mit dem Aktenzeichen VI ZR 405/18 neigte sich die Waage des Gerichtes auf die Seite der Meinungs- und Pressefreiheit. Über den Geschäftsführer des Regionalverbandes hatte die Lokalpresse 2011 berichtet, weil er sich krank gemeldet hatte, bevor bekannt wurde, wie schlecht es finanziell um diesen Verband bestellt war. Dazu das Gericht in seiner Urteilbegründung: "...die Grundrechte des Klägers (haben) auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs im konkreten Fall hinter den Interessen der Beklagten und den in deren Waagschale zu legenden Interessen ihrer Nutzer, der Öffentlichkeit und der für die verlinkten Zeitungsartikel verantwortlichen Presseorgane zurückzutreten..." Der Kläger könne sein Ansinnen weder auf europäisches noch auf deutsches Recht stützen. 

Im Verfahren VI ZR 476/18 waren Berichte eines US-amerikanischen Unternehmens, das im Verdacht steht, Negatives über Firmen nur deshalb zu berichten, um gegen Zahlung eines "Schutzgeldes" Negatives wieder zu löschen, der Stein des Anstoßes.  Die Kläger behaupteten, ebenfalls erpresst worden zu sein. Der Bundesgerichtshof verschob seine Entscheidung und schaltete den Gerichtshof der Europäischen Union ein, der sich mit diesen Fragen beschäftigen soll: 1. Können sich die Kläger auf andere Weise gegen die nach ihren Angaben falschen Behauptungen wehren (einstweilige Verfügung)? 2. Können die Kläger google dazu zwingen, die Verlinkung zu diesen angeblich falschen Behauptungen zu löschen, wenn die Suchmaschine gar nicht anzeigt, was über die Kläger behauptet wird?